Griechenland 2008

Autofahren extrem4 min read

10. August 2008

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Autofahren extrem4 min read

Würde man Rumänien allein aufgrund der ersten 200 Kilometer auf ihren Straßen beurteilen, man müsste sie hassen. Nicht, weil die Straßen an ein investitionslos geführtes Dritte-Welt-Land erinnert. Nein, das hatte man ja aus diversen Reiseführern entnommen und auch der eigene Verstand hatte sowas schon geahnt. Nein, man würde die Rumänen aus einem anderen Grunde hassen.  Einfach deswegen, weil sie scheinbar nur ein Ziel haben: sich selbst und andere so schnell und gründlich wie möglich unter die Erde zu bekommen.

Alles, was wir bislang in Ländern scheinbar gesetzloser Verkehrsteilnehmer wie Griechenland, Spanien, Italien und Spanien erlebten, ist reiner Kinderkram gegen eine Stunde auf rumänischen Straßen. Halt, nennen wir es nicht Straßen! Nehmen wir nur die 200 km Landstraße  6 ab Szeged/Cenad und die E70 ab Timisoara bis Lugoj. Teststrecke für schwerstgeforderte Extrem-Geländewagen trifft es wohl besser. Riesige Löcher, gigantische Rillen, halbmeterhohe Verwerfungen und unüberschaubare Flickenteppiche wechseln sich im Metertakt ab. Unglaublich, wie achtlos dieses Land mit seiner Infrastruktur umging und noch immer umgeht. Belehrungen sind das letzte, was man in einem Blog ernst nehmen sollte, aber fast 20 Jahre Marktwirtschaft und ein Straßennetz wie in Zaire? Deutsche Verhältnisse zu erwarten, wäre absolut realitätsfern, aber etwas mehr hätte es schon sein dürfen. Allein für die knapp 100 Kilometer hinter Timisoara in Richtung Bâile Herculane (Herculesbad) benötigten wir fast drei Stunden. Zwar gibt es viele Baustellen – allein auf erwähnter Strecke nötigten sicher an die zwei Dutzend Ampeln zum nervtötenden Stopp – doch sowohl Tempo der Arbeiten wie Länge der betreffenden Streckenabschnitte schienen bei Betrachtung äußerst gering. Als nationale Aufgabe jedenfalls scheint der Ausbau der Hauptverkehrsschlagadern – und zu solcher gehört die E 70 auf jeden Fall – nicht begriffen zu werden. Oder aber die Rumänen gehen eben anders an diese Probleme heran und ich tue ihnen jetzt gerade Unrecht an.

Das kann natürlich auch beim eingangs erwähnten Thema des hassen-müssens der Rumänen nach 200 km Straßennutzung so sein. Denn sicher haben sie einen triftigen Grund für ihr vorsätzliches andauerndes und kollektives mobiles Selbstmordunternehmen. Und der kann nur mit dem maroden Straßennetz zu tun haben. Denn wer partout nicht vorankommt, wen Lkw-Stau und Dauerbaustelle permanent stressen, der reagiert kompromisslos. Rot an einer Bauampel und eine endlose Schlange wartender Pkw? Egal – wer von hinten kommt und das möglichst schnell, gewinnt. Unübersichtliche Kurve und ein Lkw vor der Motorhaube? Zählt nicht – nur Tempo gilt. Ein Dorf im Streckenverlauf, Tempo 50, gar ein Zebrastreifen? Ist in diesem Land der Autofahrer unbekannt – wer hier über die Straße laufen will, ist selber schuld. Das Schnippeln, das man in Deutschland so verflucht, aber letzten Endes relativ selten erlebt, ist hier völlig normal. Busse, Transporter, Pkw mit Anhänger – sie alle nutzen den Vorteil der Sekunde. Und wehe, du träumst und machst nicht sofort Platz! Millimeter entscheiden, ob es wieder mal ein knappes Ding oder dieses Mal vielleicht ein Crash wird.

Naja, wir haben uns nun daran gewöhnt und machen mit, so gut wir können. Keine Angst, wir vergessen nicht, dass wir im Helge sitzen. Der hat zwar 125 PS, aber auch 2,8 Tonnen zu bewegen…

Und die Rumänen hasse ich natürlich nicht. Ich verstehe sie nur nicht. Aber  ich bin mir sicher, dass es besser wird. Wir haben die E 70 nämlich jetzt verlassen und haben noch hunderte, vielleicht tausende Kilometer auf Rumäniens Strassen vor uns.

PS: Völlig verständnislos reagiere ich auf die Fahrt von Bâile Herculane über Târgu Jiu nach Râmnicu Vâlcea. Dort dominieren nach anfänglichen Huckelpisten, die allerdings in keinster Weise mit den beschriebenen Teststrecken zu vergleichen sind, plötzlich glatte, ebene Straßen über dutzende von Kilometern. Also sind die ersten Erfahrungen nur ein Teil eines riesigen Regierungsprogrammes, das es sich auf die Fahnen geschrieben hat, Rumänien-Reisenden echten Abenteuerurlaub zu spendieren? Wir werden sehen. Doch jetzt kennen wir schon zwei völlig unterschiedliche Seiten und extreme Widersprüche. Ich habe so eine vage Vermutung, dass das nicht zum letzten Mal so sein wird…

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5 Kommentare
  1. Stefanie

    Hallo ihr lieben, das klingt ja spannend!!!!! Wollten uns mal melden sind gut in Deutschland angekommen. Dann euch noch einen schönen weitern Urlaub und lasst euch nicht zu sehr Ärgern :-) Stefanie und Ronny

  2. Christa

    Hallo, meine Lieben, habe eben zum 1. Mal in eure Berichte reingeschnuppert. Die Fahrten durch Rumänien scheinen ja echt abenteuerlich zu sein und sind sicher nichts für Leute mit einem gestressten Nervenkostüm. Aber ihr seid ja die Ruhe selbst - ODER-?? Bei uns ist soweit alles i.O. Ich wünsche euch weniger halsbrecherische Fahrten und schöne Erlebnisse. Liebe Grüße MuChri.

  3. Stefan

    Hallo ihr lieben, wir lesen alle hier gespannt, klingt ja wirklich sehr abenteuerlich, diese Fahrten :( Wir alle wünschen euch noch einen schönen und spannenden Urlaub. Hier bei uns ist alles in bester Ordnung Viele Grüsse Stefan, Monique und Noah

  4. Merseburg

    Hallo Ihr Lieben, euer Reisebericht ist ja sehr abenteuerlich. Wir (Oma Merseburg, Aileen, Ronny) hoffen, dass Ihr euer Abenteur unbeschadet uebersteht und wuenschen euch fuer die weitere Reiseroute, toi, toi,toi und viele Erlebnisreiche Tage und (Schlagloecher). Liebe Gruesse, senden aus dem regnerischen und farbenfrohen Merseburg Elke, Aileen und Ronny

  5. Anett

    Hallo ihr Lieben, auch wir warten gespannt auf die nächsten Berichte von Euch. Uns gehts allen gut - Paul ist gut gewachsen und nun schon 35 cm groß :-) Sonst gibts hier nichts Neues - wir renovieren fleißig das zweite Kinderzimmer. Alles Liebe für Euch, passt auf Euch auf! Anett, Stefan, Konrad und Paul

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