Abzocke im heißen Herbst und Wiedersehen mit guten Freunden4 min read
Vom Orakel in Delphi über die Abzockerroute nach Saloniki und von dort zu den Freunden nach Touzla – das waren die letzten Tage. Fazit: Ein viel zu heißer Herbst (glücklicherweise), viel zu teure Maut auf den Autobahnen (verständlicherweise) und die gleiche Freundschaft wie immer (erwartungsgemäß). Und bald heißt es: Adio Hellas, go to Istanbul!
Aber der Reihe nach. Zunächst eroberten wir die heiligen Stätten von Delphi. Oder besser: Das, was übrig blieb. Wir hatten das unverschämte und seltene Glück, dass kein Kreuzfahrtschiff in der Bucht von Itea lag und seine tausenden Kultur „abarbeitenden“ Touris in Bussen schubweise vor der antiken Stätte ausspuckte. So machten nur drei Gruppen aus Japan, Frankreich und irgendwelcher spanisch sprechender Reisender die Räume eng, was aber zu verschmerzen war. Das berühmte Orakel ist nur noch die Hälfte wert, denn der legendäre Stein ist in der Mitte durchgebrochen. Ein eindrucksvoller Ort ist es auf alle Fälle, wenn man bedenkt, dass alle Anlagen in die Flanke eines steilen Berges hineingebaut wurden. Die brütende Hitze verhinderte allerdings einen längeren Aufenthalt, und so verließen wir mittags das Gelände wieder.
Die nun folgende Fahrt entlang atemberaubender Schluchten und Felsen führte immer in Sichtweite des Bergs Parnassos entlang. Hier betreiben die Griechen Wintersport, tatsächlich! Zwei Stunden kostete uns der idyllische Abstecher, es begegnete uns – ungelogen! – kein einziges Auto während dieser Zeit! Nahe Lamia fuhren wir auf die Autobahn und wähnten uns Thessaloniki nahe. Aber weit gefehlt! Denn zwei Dinge mussten wir lernen. Erstens: Die Griechen haben die Maut entdeckt. Aller paar Kilometer versperrt nun eine Mautstation die Weiterfahrt und fordert vom Reisenden unterschiedliche Geldbeträge. Für unser kleines WOMO summierte sich das auf den folgenden 200 Kilometern auf 35 Euro! Frech, oder nennt man das schon dreist: Auf großen Schildern entlang der „Egnatia“ (Autobahn) wird unter dem Sternenzeichen der EU verkündet, dass diese 800 Millionen Euro zum Bau der Straße beigesteuert hat. Wir haben aber entdeckt, dass man die Autobahn jederzeit verlassen kann, ohne zur Kasse gebeten zu werden, und an der nächsten Zufahrt wieder auffahren kann – kostenfrei! Dazu muss man nur wissen, wo die Maut-Stationen stehen, und schon kann man sich das Geld sparen. Anders natürlich der Tourist, der erstens die Standorte nicht kennt und von dieser Möglichkeit auch nichts mitbekommen hat. Wer also zahlt? Der ausländische Tourist oder eben die eiligen Griechen. Der Tourist hat doch aber über seine Steuerlast schon die Autobahn mitfinanziert, über die EU-Mittel… Ich will hier nicht in die allgemeine Griechenschelte einfallen, aber dieses Bubenstück riecht wieder nach der typischen Mischung aus selbstverständlicher Unverschämtheit und schulterzuckender Gleichgültigkeit, welche das Land an den Rand des Ruins geführt haben. Naja, uns ärgert es zwar, aber es lässt sich nicht ändern.
Wir werden sowieso müde und legen einen Zwischenstopp vor Katerini ein, am Skotina Beach, wo Duschen und Bäume warten und wir am Straßenrand entspannt den Abend verbringen. Am nächsten Tag geht’s auf die Autobahn und schon 12 Euro später kommen wir am Ofrinio Beach an. Eine große Siedlung, die eigentlich nicht existiert. Alles Schwarzbauten ohne Genehmigung, die in den letzten 25 Jahren entstanden und jetzt die Aufmerksamkeit der Steuerbehörde entfacht hat. Straßennamen gibt es deshalb nicht, dafür Wasserhähne am Wegesrand und überall Mülltonnen. Trotzdem müllen die Leute alles zu, an manchen Strandabschnitten sieht es aus wie auf der Müllkippe. Traurig, das verfolgt uns bereits die ganze Zeit…
Wir freuen uns mit unseren Freunden Angelika und Pantilis, Anna und Ksota über das Wiedersehen. Vor vier Jahren gruben sie unser Womo am Strand aus, als wir uns festgefahren hatten, seither verbindet uns Freundschaft, die wir vor zwei Jahren erneuern konnten, als wir mit dem Motorrad hier waren. Und auch diesmal geht es hoch her: Zunächst feiern wir das Wiedersehen in einer Kneipe mit einem üppigen Mahl und ausreichend Ouzu und Retsina, am nächsten Tag nochmals mit einem Festschmaus zur Mittagszeit bei Pantilis auf der Veranda. Überall werden wir zum Kaffee eingeladen, auch bei Dimitri und Katerina, den Nachbarn. Ein wenig deutsch können fast alle, waren sie doch Ende der Sechziger bis in die Achtziger als klassische Gastarbeiter in Deutschland und haben sich mit dem Verdienst von damals einen bescheidenen Wohlstand samt Ferienhaus aufgebaut.
Wir haben viel Spaß und verdammen gemeinsam die Politik, die sowieso nichts ist als das jeweils größtmögliche Versprechen, das einzuhalten den Sprechern nicht einfällt. Und nach zwei Tagen heißt es schon wieder Abschied nehmen. Arztbesuche und das eigentliche Heim in Serres, Drama oder sonstwo warten. Am Abend kommt nochmal Kosta vorbei, er hat Anna und eine seiner acht Enkel dabei. Ausgerechnet sie sprechen kein Wort deutsch oder englisch, so dass wir uns gestikulierend an zwei Gläsern Whisky festhalten, vom mitgebrachten Halwas kosten und uns nach einer halben Stunde lachend wieder verabschieden. Den Abend verbringen wir zum letzten Mal am Strand, heute ist es schon kühler, gottseidank, so ist der Nachtschlaf gesichert. Mücken haben es trotz aller Vorsichtsmassnahmen erneut in unser trautes Heim geschafft, so kommen zu den etwa 50 Stichen drei weitere dazu. Naja, macht ja nix, würde Pantilis sagen. Morgen geht’s los Richtung Istanbul – zu einem neuen, großen Abenteuer für uns.
MuChri
Ich werde gerade überrascht, denn heute, da ich nochmal gelesen habe, öffnet sich das Kommentarfenster von allein.Tztztz. Schon merkwürdig. Inzwischen seid Ihr ja schon in der Türkei, ich hoffe nicht mehr so lange, bzw., dass ihr ruhige und friedliche tage dort verleben könnt.Liebe Grüße und viel Spaß mit Ronny. MuChri.