Donau-Delta: Rudern, rudern, rudern8 min read
Der Weg vom tapferen Tun unseres Wandertriebes zum Naturwunder des Donaudeltas ist schnell erzählt. Die erste Zwischenstation am Fluß Siret lag hinter uns, weitere 180 km weiter empfing uns Tulcea. Zuvor aber musste in Galati die Donau mittels Fähre überquert werden – eine Brücke existiert auf hunderten Kilometern Länge nicht. Aber das ging schnell und relaxt, so dass es nicht weiter aufhielt. In Tulcea wollten wir erst mal die Lage checken und feststellen, was für Trips zu welchem Preis angeboten werden. Doch es war Sonntag, die avisierten Infobüros hatten geschlossen und auch sonst war an der repräsentativen Hafenmeile, wo die Ausflugsschiffe lagen, nichts los, was auf organisierten Tourismus schließen lassen könnte. Also trollten wir uns einige Kilometer weiter und machten Station an einem See mit Schilf. Eigentlich schön, nur dass uns das nächtliche fürchterliche Gewitter doch Angst und Schrecken einjagte, weil wir weit und breit der höchste Punkt waren auf Feld und neben dem See.
Am darauffolgenden Tag hatten wir mehr Glück, buchten eine zweitägige Reise ins Delta vor, regten uns über die Infobüros auf, die immer noch ein Witz waren, weil man dort so unbestimmte Infos erhält, dass sie einem bis auf das Quartierverzeichnis rein gar nichts nützten. Wir fuhren am äußeren Donauarm noch bis Murighiol, um uns vor Ort noch ein wenig umzuschauen und weitere Infos einzuholen. Die Bootsvermittler dort aber machten nicht den vertrauensvollsten Eindruck, zudem wurden Preisunterschiede sichtbar, die von 100 Euro bis 160 Euro für 4 Stunden Motorbootfahrt reichten. Für den ganzen Tag noch extremer: 130 bis 300 Euro. Also suchten wir uns direkt an der Donau einen wunderbaren Stehplatz für die Nacht, genossen den restlichen Tag ruhend und einen grandiosen Sonnenuntergang an diesem großen Strom. Im Wasser waren wir auch, selbstredend.
Am nächsten Morgen war erstmals auf der Reise frühes Aufstehen angesagt, denn wir mussten 9 Uhr am Schiff in Tulcea sein. Alles gelang, wir fanden einen bewachten Parkplatz (1 Lei pro Stunde, also ca. 30 Cent), und es ging pünktlich los. Für den eigentlich etwa 8stündigen Trip hatten wir pro Person 50 Euro inclusive Mittagessen bezahlt, was ein im Vergleich doch recht fairer Preis zu sein scheint. Die Hinfahrt war recht öde, da sie über den kerzengeraden mittleren Donauarm (die Donau teilt sich vor dem Delta in drei Arme) führte, der auch für große Schiffe gedacht ist und deshalb ständig ausgebaggert wird. In Mila 23 angekommen, gab es bei der gastgebenden Familie, die aus Lippowaner Russen besteht (siedelten dort vor hunderten Jahren in großer Zahl an), für alle 8 Teilnehmer Fisch satt. Natürlich mit reichlich Knoblauchsoße! Danach fuhren die anderen zurück, wir wurden in ein Ruderboot (!) verfrachtet, ein kleiner, drahtiger und braungebrannter Kerl stieg zu, nickte und ruderte los. Die Sonne brannte erbarmungslos, kein Fatz Schatten weit und breit. Und wir ruderten und ruderten und ruderten, währenddessen uns dutzende kleiner und kleinster Boote überholten. Mit Motor selbstredend. Naja, dachten wir, lehnten uns zurück und ließen uns weiterrudern. Kilometer später. Wir bogen nun endlich vom Hauptarm in kleinere Wasserstraßen ein, wo sich der Verkehr beruhigte und unser Selbstwertgefühl sich erholte. Wir wurden nun nur noch selten überholt, was bedeutete, dass es bedeutend ruhiger wurde. Die Gegend wurde wilder, also naturnäher, und wir sichteten erste Vögel. Die nun folgenden Exemplare, das muss fairerweise zugegeben werden, entnahm ich dem Vogelglossar des Reiseführers: Weißstorch, Eisvogel, Stelzenläufer, Lachmöwe, Fischreiher, Seeadler, Stockente, Höckerschwan, Kranich, Silberreiher und Großer Kormoran. Die müssten sämtlichst dabei gewesen sein. Aus der Ferne gelang es uns auch zweimal, einen Pelikan zu erspähen. Näher ran ist verboten, bedeutete uns unser Kapitän, der zugleich die Fronarbeit des Ruderers leisten musste. Dies übrigens bemerkenswert gleichmäßig und ohne eine Pause über die gesamten vier Stunden hinweg. Nur zweimal ließ er mich ran, um eine Zigarette zu rauchen und sich über meinen bespottenswerten Zick-zack-Kurs zu amüsieren. Wir unterhielten uns prächtig und lachten viel zusammen, obwohl Varik, so hieß er, kein Wort deutsch oder englisch kannte und unser rumänisch sich auf tach, tschüß und danke oder bitte reduzieren lässt. Und prost natürlich! Wir ruderten also und ruderten und ruderten. Die Stunden vergingen und wir machten uns Freude damit, uns gegenseitig auf weitere Tiere hinzuweisen. Während man die Frösche noch als alltäglich durchgehen lassen kann, nötigte uns die vor uns kreuzende Wasserschlange doch Respekt ab. Die Krönung jedoch war die Wasserschildkröte, welche, sobald sie von Kerstin gepackt und ins Boot gehievt worden war, eine ordentliche Ladung, ja, ich sags jetzt einfach mal, Scheiße ins Schiff setzte. Der Fakt an sich war ja noch vertretbar seitens der Schildkröte, doch der Gestank war es eindeutig nicht. Wir mussten das halbe Boot unter Wasser setzen, um das Extrakt zu verdünnen und den Geruch ertragbar zu gestalten. Den Reigen seltsamer Tiere schloss noch ein ordentlich ausgewachsener Wasserbüffel, der sich gerade an Land wuchtete und dabei ordentlich Wellen machte. Währenddessen ruderten wir immer weiter. Als nichts mehr zu sehen war und die vier Stunden um waren, landeten wir wieder in Mila 23. Unser Kapitän lachte immer noch. Er hat, das schwöre ich hier hoch und heilig, während des gesamten Ausflugs und seines unablässigen Ruderns nicht einen einzigen Tropfen Schweiß vergossen. Wir stiegen, etwas beschwipst von einem leichten Sonnenstich, an Land und ruhten uns erst einmal aus von dem anstrengenden Deltatrip. Der Rücken schmerzte, der Hintern machte sich bemerkbar und irgendwie müde waren wir auch. So eine vierstündige Ruderpartie macht man eben nicht jeden Tag…
Den Tag beschlossen wir im „Restaurant“, wie die Alkoholausgabestelle des Ortes offiziell von den Einheimischen genannt wird. Wir verbrüderten uns schnell mit den berauschten Russen, die mit Ziehharmonika die Weisen ihrer Heimat darboten. Auch zwei Italiener und eine Berlinern schlossen sich unserem Freundeskreis an, so dass ein beispielhafter Abend der Völkerverständigung seinen Gang ging.
Nach einer Aspirin und einem kräftigen Frühstück am nächsten Morgen, an dem ich nur in Kleinstmengen Anteil hatte, warteten wir auf das Boot, das uns abholen würde. Nochmals gab es von der Gastfamilie, die aus Lippowaner Russen besteht, für alle Teilnehmer Fisch satt. Natürlich mit reichlich Knoblauchsoße! Ich steigerte meinen Essensumsatz geringfügig. Auf dem Boot lernten die beiden aus Rumänien stammenden Deutschen Agnus und ?? (sory, vergessen) kennen, die uns viel erzählen konnten, sowie einen Österreicher Herrn aus Wien – der Gerold, der mit seiner 9jährigen Tochter Marie unterwegs war. Wir waren uns gegenseitig recht sympathisch und so verging die Zeit der Rückfahrt wie im Fluge. Die Landschaft war auch schön, doch eine so ruhige entspannte Fahrt wie mit dem Ruderboot war es natürlich nicht. War also schon gut, dass wir es so gemacht hatten. Die Übernachtung war mit nochmals 40 Euro fürs Zimmer noch relativ überschaubar.
In Tulcea verbrachten wir mit Micha und Katja aus Stuttgart noch einen netten Abend auf der Terrasse des Hotel Delta mit Blick auf den Hafen und einigen landestypischen Spezialitäten wie Gulasch Dobruczer Art, saure Gemüsesuppe und mürrischer Kellnerin (die war wirklich übel), um dann auf unseren bewachten Parkplatz zuzusteuern, um Helge abzuholen. Ging nicht, weil Batterie tot, weil Licht vergessen auszuschalten am Vortag. Also erst mal schlafen, was sich wegen der unheimlichen Anzahl an Mücken als sehr schwierig erwies. Zudem war es sehr warm. Wir hatten also schlicht gesagt eine Sch…-Nacht. Nächsten Tag konnten wir das Problem leicht lösen, weil Kerstin einfiel, dass wir mit unserer Zweitbatterie (genial!) die Erstbatterie ja starten könnten. Gesagt, getan, und unser Helge fuhr wieder. Und so fuhren wir hinaus aus dem Donaudelta, um einen schönen Platz zu suchen, um uns etwas auszuruhen von der ganzen Ruderei. Nach einem unfreiwilligen 2stündigem Umweg, der uns über die bisher schlimmste Straße der gesamten Rumänienreise führte, fanden wir den Platz in Istria. Ein See, dem schwarzen Meer vorgelagert, ringsum Schilf und ein 100 m langer Sandstrand – da fällt einem doch nix mehr zu ein, oder? Wir blieben diesen Tag und auch den nächsten, spielten (erstmals) Scrabble (ich verlor knapp), gingen baden (nach 500 m reichte das Wasser immer noch nur bis zu den Waden) und machten erstmals einen Mittagsschlaf. Anstrengend, so ein Tag am Wasser! Ein Schäfer trieb seine Herde noch direkt am Helge vorbei, wir luden ihn zu einer Tasse Kaffee ein, konnten uns nicht verständigen und fanden ihn trotzdem ziemlich cool. Abends genossen wir den weiten Sternenhimmel, den man so in Deutschland kaum kennt – wo hat man schon den ganzen Horizont vor sich? Am Sonnabend (der 30.) fuhren wir über Mamaia, wo gerade ein Speedbootrennen stattfand, über Constanta (wo wir in einer Shoppingmall einen neuen Spannungswandler kaufen mussten, der unsere sämtlichen Akkus nachlädt sowie vor allem den Laptop und das Telefon – der alte spinnt rum – jetzt haben wir schon drei an Bord dabei) und Mangalia (wo wir vor drei Wochen Robi in den Zug steckten) nach Vama Veche, um uns dort zum zweiten Mal für ein oder zwei Tage einzunisten. Heftiger Wind empfing uns und ein netter rumänischer Zeltnachbar aus Bukarest, der mich zu einer Dose Schwarzbier lud und mit dem ich im heftigen Wind stehend englisch-radebrechend über den Geist von Vama Veche diskutierte.
Dann werden wir nach Bulgarien einreisen – der Grenzüberganz liegt nur wenige hundert Meter von hier entfernt. Dann ziehen wir auch das Fazit unserer Rumänienreise. Denkbar ist auf alle Fälle, dass wir auf dem Rückweg über Bukarest (wir haben eine Einladung von einem Professor, den wir im Delta kennen lernten) und Sibiu (Herrmannstadt) fahren, wo wir unsere Dresdner Freunde noch einmal besuchen könnten. Aber das werden wir sehen. Istanbul haben wir mittlerweile gestrichen. Dort ist es uns derzeit einfach zu unsicher, nach vier Attentaten und Granatenattacken und Selbstmordattentatsversuchen.
Christa
Scheeeeen!! Hallo, ihr Zwei, eine spannende Sonntagsmorgenlektüre von eurem Deltatrip. Das hätte mir auch gefallen, aber mit den Flamingos habe ich wohl was verwechselt :-)), waren die Pelikane, die exotischen, am Delta nicht vermuteten Flugtiere. Na ja, wieder was gelernt. Es freut mich, dass ihr wohlauf seid und wünsche euch noch viele solcher schönen Erlebnisse in der Natur und nette Begegnungen mit interessanten Menschen. Liebe Grüße von eurer MuChri.
Anett
Hallo ihr Lieben, schön, wieder von Euch zu lesen :-) Ein bisschen neidisch wird man ja schon bei der Landschaft. Wir sind fleißig am Kinderzimmervorbereiten und Konrad pflegen - er hat nen Magen-Darm-Infekt mit allem was dazugehört. Aber langsam scheint es besser zu werden. Sonst gibts nichts neues hier. Liebe Grüße Anett, Stefan, Konrad und Paul im Bauch Jens, gib Deiner Kerstin mal bissel mehr zu essen, sie sieht schon ganz abgemagert aus ;-)
admin
Hy Anett, von wegen abgemagert. Wir essen gut aber gesund. Dein Bruder hat dabei schon zwei Kilo verloren ich gerade mal 100 gramm. Aber na ja, wir sind nicht im Wettbewerb. Wie geht es eigentlich unserem Paul? Gibst Du ihm genug zu Essen damit er wächst. Ich hoffe Du wartest bis wir wieder da sind. Sag allen liebe Grüße von uns. Wir freuen uns über jeden Kommentar von Euch. Kerstin und Jens
der Tobeier
So, ihr Beiden, der wilde Montagvormittag, an dem man alles erledigen muss, was einem so übers Wochenende einfiel (könnt ihr euch noch an solche misslichen Situationen erinnern?) ist geschafft! Deshalb gönnte ich mir gerade eure Rudertour, und ich gestehe, es freute mich schon etwas, dass auch euch mal Scheiße passiert, und wenn es denn Schildkrötenscheisse war. Aber bei einer solchen soll es denn auch bleiben!!! Wir sind zurück von der BBL, war grosse Klasse, was die beiden Jungs da organisiert hatten, tolle Strecke, toller Ablauf, Kaffee und Kuchen auf nem Parkplatz auf ner Wiese auf nem Berg, gekocht und gebacken von Ingolfs Frau, ungefähr 1.5 Stunden in wilden Kreisen um Annaberg herum und dann grosses Einparken im Hof der Augustusburg! Bitte, ärgert euch ein kleines bissel, dass ihr wegen eures "Ausfluges" nicht mit wart :-) die besten Wünsche für die nächsten Projekte sendet der absender
Anett
Hallo ihr Lieben, Paul geht es gut - denke ich. Er strampelt wie ein Weltmeister und wird wahrscheinlich auch ein kleiner Fußballer. Nächste Woche Dienstag muss ich wieder zur Ärztin. Bis dahin spiele ich weiter Krankenschwester für den großen und den kleinen Mann - nun liegen sie beide flach :-( Liebe Grüße und noch ganz viel Spaß Schwester Anett
Mirko
Viele Grüße aus Großdeuben von der Hühnerfarm! Konnte eure Seite schnell mal überfliegen. Habe aber noch keinen Überblick wo Ihr jetzt seid und was Ihr schon erlebt habt. Bin schon wieder auf dem Sprung. Müssen zum Geburtstag. Versuche auf dem Laufenden zu bleiben. Wünschen euch eine schöne Zeit und lasst eure Gedanken in der herrlichen, urtümlichen Natur schweifen. Bis bald Mirko & Silke & Marcus & Jonas
admin
Hallo zusammen, sind in Albena in Bulgarien, 200 m bis zumn shönsten Sandstrand. Sind seit gestern mit nem Ösi zusammen, der allein im Wohnmobil reist - der Anton aus Steyr. Kann hervorragend Palatschinken machen! Anett: Das mit dem Fußballer ist ne gute Idee, da kommt wenigstens Geld für die Rente ins Haus :-) Nen guten PR-Mann könnte ich schon mal empfehlen... Tobeier: Jaaaaaaaaaa, wir sind neidisch - total sogar. Denn das einzige, was uns hier fehlt (ausser unseren Lieben selbstverständlich) , ist mal wieder den Lenker drehen. Schön, dass es so ne tolle Tour war. Da wirst du dich wohl ganz schön strecken müssen, wenn du die nächste organisierst... :-) Wir denken viel an euch, auch wenn es hier so schön ist. Wenn wir wieder da sind, lassen wir mindestens eine Sau raus, OK? So, dann bis später. Lasset es euch gut gehen und sparet nicht an Zuneigung. :-) Kerstin und Jens
tommes
war schön mal deinen erlebnissen zu lauschen, da sonst ja immer paul und ich berichtet haben, aber 4 stunden rudern, ohne zu schwitzen kann ich nicht glauben oder viel mehr sollte ich als alter rumänienhaudege. übrigens prost ist nicht rumänisch, sondern deine unbewusste provokation, die aber nach einem ausgiebigen "restaurantbesuch" mit Kennenlernfaktor ja sowieso hinfällig ist. Ich bin auf jeden Fall beeindruckt von eurem organisatorischen Bemühungen, und werde wohl diesen ruderer besuchen müssen. Schön, dass ihr es nach Istria geschafft habt. Leider blieben mir diese Eindrücke verwehrt, aufgrund des grossen und einfältig-verbalen Zeltplatzbesitzers, der mich fragte, ob ich ein Problem hätte. Nun ja, hätte ich ihm sagen sollen, dass ein grosses unsympathisches Problem direkt vor mir stehe? Witzig wäre gewesen, wenn er sich dann umgedreht hätte. Vielleicht wären wir dann Freunde geworden. Und gibt es eine Strasse am oberen Flusslauf? in dem Sinne, grüsse aus dd-hometown. Ich wäre auch gern unterwegs. und ja, ich schau gleich mal, ob ich das versprochene Bild für euch finde. tommes
admin
Strasse aM fLUSSLAUFß nIX WISSE: Sagte ich Prost? Natürlich auf rumänisch - Noroc! Oder auf russsich, da es sich ja um Lippowaner Russen handelte, wie ich schrob :-) Echt, der hat wirklich nicht geschwitzt!!!! Dafür wir aber um so mehr... Ich kann dir den Namen der Pension ja sagen, wenn ich ihn noch hinbekomme. Ansonsten liebe Grüße aus Bulgarien, wo wir morgen vom Goldstrand in Richtung Greece abbiegen werden. Liebe Grüße von Kerstin und Jens PS: Wir haben das Kreuz wie empfohlen angebracht. Erworben in der Manasteria dort an der Klamm, die Paul empfohlen hatte. War schön dort!