Transsilvanien3 min read

 

Transsilvanien! Ich finde ja schon allein das Wort grandios. Trans-sil-va-nien! Und ob man will oder nicht, man hat das Bild aus den besseren Dracula-Verfilmungen im Kopf, dunkle Wälder, düstere Gesellen, einsame Schlösser. Es stimmt alles zusammen nicht. Nicht das geringste stimmt. Die Wälder sind wie überall, aber garantiert nicht dunkler als im Schwarzwald oder in den Vogesen. Düstere Gesellen? Nun ja, ohne über meine alte Heimat Lindenau herziehen zu wollen, aber dort trifft man mehr Leute, die einem Angst einjagen könnten. Und  Schlösser oder Burgen, vor allem die bekannten Kirchenburgen Siebenbürgens, findet man zuhauf. Aber einsam? Auf der Törzburg in Bran, wo ANGEBLICH und wie jedes Kind weiß, nur im Roman, Draculas Herrschaft stattfand, machten wir auf dem Absatz kehrt, als wir die wahnwitzige Anzahl sensationsgeiler Touris registrierten. Etwa 300 von ihnen enterten eben in langer Reihe die Kassenhäuschen, was uns zur spontanen Flucht nötigte. Wir geben es hiermit zu: Wir waren schon auf Schloss Neuschwanstein und taten es Myriaden Japanern, Amis und Russen nach. Aber es erwuchs ein zwar nicht ausgesprochener, aber auf festem unzerbrüchlichem Konsens ruhender Beschluss daraus: NIE WIEDER!!! Und so wartet Dracula heute noch auf uns…

Transsilvanien oder Siebenbürgen, wie es die Deutschen nennen, ist ganz anders, als es in unserer Phantasie existiert. Wir besuchten die Kirchenburgen in Stolzenburg und Frauendorf, erschauderten beim Anblick der einstmals schmutzigsten Stadt Europas, Copsa Micâ, wo Ruß produziert wurde, lernten, das nicht nur Pisa einen schiefen Turm hat, sondern auch Mediasch mit einem solchen aufwarten kann und dieser wesentlich schöner aussieht. Wir staunten über die idyllische Lage des Klosters Râmet, das nicht nur zu den ältesten orthodoxen Plätzen Rumäniens gehört (erstmals erwähnt 1250), sondern auch vor riesigen steilen Felsen gelegen ist, wir wanderten in eine Klamm (Cheile Râmetilor), bis es nicht mehr weiterging und badeten an einer seichten Stelle völlig ungestört. Wir chillten auf dem Marktplatz von Brasov (Kronstadt) bei Cappuccino und Limonade, sahen die Schwarze Kirche und den Weißen Turm. In Sibiu (Herrmannstadt) tranken wir mit unseren neuen Dresdner Freunden Thomas, Anne, Micha und Paul den Tzikiu 100 Gramm-weise, nachdem wir eine Führung durch diese schöne Stadt bekommen hatten. Thomas und Paul haben eine Wohnung dort, seit sie ein Jahr Praktikum absolviert haben. Sie lieben Stadt, Land und Leute und wir hatten uns viel zu erzählen. Eine sehr sympathische Begegnung – Grüße, wenn Ihr mal hier aufschlagt! Und jederzeit willkommen in Fuchshain! J

Eben waren wir  noch in Alba Iulia (Karlsburg), wo 1918 der Anschluß Transsilvaniens an Rumänien beschlossen wurde und wo sich 1599 die Hauptstadt der vereinigten Fürstentümer Moldau, Walachei und Transsilvanien befand. Die ganze Stadt befand  sich praktisch in einer riesigen Festung, die nach diversen Zerstörungen und Plünderungen gebaut wurde. Heute sind noch all die riesigen repräsentativen Bauten zu sehen, und zu Beginn des imposanten Ensembles befindet sich ein riesiger lebhafter  Platz mit vielen Menschen, die dort im Restaurant etwas trinken, Schach spielen oder flanieren. Das würde man so eher in Italien oder Spanien erwarten… Auch das ist also rumänische Normalität. Dort verbrachten wir auch die Nacht, sicher wie im Schoße Abrahams. Die Jandarmeria, wie die Polizei hier heißt, wies uns höchstselbst den Platz zum schlafen an. Ein nettes Gespräch mit den vier jungen und wißbegierigen Polizisten gehört zu den nicht erwarteten Novitäten.    

Tja, das alles ist Transsilvanien. Anders als gedacht, aber schön. Was sich aber auch hier zeigt, sind massenhaft achtlos weggeworfener Müll und die teilweise sehr schlechten Straßen. Aber das kennen wir ja schon. Danach geht’s weiter durch die Karpaten. Ein bissel wandern ist schon noch angesagt…